In Zeiten wie diesen: Hoch hinaus

Das Wetter war heute einfach zu schön, um daheim zu bleiben!

Und nachdem wir schon seit längerem beschlossen haben, die Wochenenden den vielen berufstätigen Wanderern zu überlassen, kam uns am Vormittag die spontane Idee, einen Ausflug zu unternehmen.

 

Die Fahrt ging nach Mezzocorona und dann mit der kleinen Kabinenbahn, die in Zeiten wie diesen nur 2 Personen pro Fahrt befördert, hinauf auf das 891m ü. d. Meeresspiegel liegende Monte. Etwas mulmig war mir dabei schon zumute, denn die Drahtseile zeigen fast kerzengerade nach oben und führen im 2.Teilstück an einem senkrecht abfallendem Bergrücken entlang.

Gottseidank daurte die Mutprobe nur knappe 5 Minuten

 

Auf besagter Hochebene erinnerte ich mich mit Wehmut an das ferne Jahr 1970, wo unser Maiausflug mit der Meraner LBA-Klasse über den Burrone Giovanelli - Klettersteig zum Monte führte.

Lang, lang ist`s her und ich frage mich wirklich, wo die Zeit geblieben ist...

 

Von Monte aus hat man einen herrlichen Blick hinunter aufs südliche Etschtal, auf die Ebene Piana Rotiliana Königsberg und auf die umliegenden Berge, die zum Teil noch schneebedeckt sind.

 

Wir entschieden uns heute für eine einfache Wanderung, die von der Bergstation aus in rund 1 1/2 Stunde zur wunderschön gelegenen Malga Kraun führt und wegen ihrer verschiedenen Tiere und des großzügigen Spielplatzes besonders bei Familien mit kleinen Kindern sehr beliebt ist.

Man kann sowohl zwischen einer Forststraße (Kinderwagen) als auch einem Waldweg wählen.

Langeweile kommt dabei garantiert keine auf, denn das Lichtspiel im lichten Buchenwald verzaubert ungemein und die Flora am Wegesrand ebenso.

Zwei Pflanzen aus dem vielfältigen Artenreichtum möchte ich euch heute vorstellen, weil ich glaube, dass sie vielen nicht so geläufig sind.

 

Der Waldmeister oder das Duftlabkraut ist eine typische Pflanze des lichtdurchfluteten Waldes.

Die Familie der Labkräuter ist groß und alle kennzeichnet die quirlständige Anordnung der kleinen Blätter am Stängel.

Auf den Wiesen begegnen wir häufig dem gelben oder weißen Labkraut, die beide an zartes Schleierkraut erinnern.

 

Der Waldmeister ist etwas ganz Besonderes, vielleicht auch deshalb, weil er in unseren Wäldern nicht häufig anzutreffen ist.

Unsere nördlichen Nachbarn lieben ihn als Zutat für ihre Maibowle, für Gelee oder Sirup.

In unserem Kulturkreis wird er eher zum Aromatisieren von Likören oder Schnäpsen verwendet.

 

So oder so!

Interessant ist er allemal, der Waldmeister! 

Und die Mythen, die sich um ihn ranken, sind es ebenso.

 

Jenen Kühen, die nicht fressen oder keine Milch geben wollten, hat man früher Waldmeister im Futter untergemischt.

Waren Menschen griesgrämig oder streitsüchtig, versteckte man Büschel von Waldmeister in ihrer Wäsche oder im Schlafzimmer, um sie freundlich zu stimmen.

Auch Waldwichtel und Waldfeen liebten laut Vorstellung der Menschen den "Meister des Waldes"und wer ihrer Hilfe bedurfte, versuchte sie durch seinen Duft anzulocken oder anzurufen.

Den Wöchnerinnen legte man duftende Kräuter unter die Matratze, um sie vor Ungeziefer oder sonstigem Unheil zu schützen.

Neben Thymian, Steinklee, Quendel oder Labkraut gehörte folgedessen auch der Waldmeister zu den sogenannten "Mariä-Bettstroh-Kräutern"

 

Wer Waldmeister als Heilkraut nutzen möchte, sollte ihn vorher immer trocknen. Die darin enthaltenen Cumaringlykoside können im frischen Zustand nämlich zu Kopfschmerzen führen.

 

Seine Einsatzgebiete sind Schlaf- und Darmstörungen sowie Leberstau und Krämpfe.

Beliebt ist Waldmeister aber auch als Zutat für Schlafkissen, die für Stimmungsaufhellung und Entspannung sorgen. Weitere passende Kräuter hierfür sind Lavendel, Rosenblüten, Minze und Zitronenverbene.

 

Im Gegensatz zum Waldmeister wächst der Gewöhnliche Natternkopf in der prallen Sonne und bevorzugt trockene Standorte. Der Familie der Borretschgewächse angehörend, präsentiert auch er sich im behaarten und rauhen Kleid.

 

Noch nie habe ich so viel Natternkopf gesehen, wie auf dieser naturbelassenen Wiese nahe der Malga Kraun.

 

Mehr noch: für Schmetterlinge, Bienen, Käfer und Hummeln schienen die blauen bis blauvioletten Blüten ein wahrer Anziehungsmagnet zu sein.

 

Aus alten Schriften ist zu entnehmen, dass Natternkopf gegen Schlangenbisse schützen soll.

Wer ihn gleichzeitig gegen die Mäuse- und Rattenplage im Haus einsetzen will, musste ihn am Johannistag, also am 23. Juni schneiden, anschließend trocknen und dann unter Matratzen oder in Vorratskammern verteilen.

Wer beim Nachhausetragen allerdings damit einen Bach überquert, hat sich umsonst abgemüht, weil dadurch seine Schutzfunktion aufgehoben wird

 

Wenn man Natternkopf näher unter die Lupe nimmt, könnte man tatsächlich Gänsehaut kriegen. Denn er erinnert wirklich an einen Schlangenkopf. Dabei sticht vor allem die züngelnde Zunge ins Auge.

Darum ist es nicht verwunderlich, dass unsere Vorfahren Gleiches mit Gleichem zu heilen versuchten, was irgendwann einem Herrn Samuel Hahnemann, dem Gründervater der Homöopathie tatsächlich gelungen ist.

 

In der Volksmedizin taucht der blühende Natternkopf zur Behandlung von Husten und Lungenerkrankungen, der Pflanzenbrei aus der Wurzel als Wundauflage oder als Pflaster bei Abszessen auf.

Heutzutage spielt die Johanniskerze, wie der Natternkopf auch genannt wird, als Heilkraut keine Rolle mehr.

 

Dennoch erfreut mich sein Anblick immer wieder, wenn ich ihm begegne.

Und wer sich freut, erfährt Heilung in höchstem Maße!

 

 

 

lg md sm xs