Der Waalweg von Tschars nach Galsaun ist für eine Nachmittagswanderung in der kälteren Jahreszeit ideal. Besonders dann, wenn es wie heute auf den umliegenden Bergspitzen überall stöbert und die Schneeluft bis ins Tal herunterreicht. Alles kein Problem: Wir sind ja schließlich gut eingepackt! Das Auto parken wir auf dem großen Platz am Eingang des Dorfes. Vorbei am Gasthof Sonne treffen wir alsbald auf die Markierung Nr. 3, die rechtseitig nach Staben und zum Schloss Juval führt.
Heute entscheiden wir uns aber für die entgegengesetzte Variante und folgen dem Wegweiser nach Kastelbell. Vorbei an gepflegten Trockenmauern tauchen wir alsbald in die karge Vegetation des Sonnenberges ein. Robinien, Schlehen, Wacholder, Spindelsträucher und Eichen säumen den Weg und sind zum besseren Verständnis mit kleinen Erkennungstafeln versehen. Beim Weiterwandern durchqueren wir kultivierte Kastanienhaine, die den südlichen Charakter unterstreichen und den hiesigen Bauern ein kleines Zubrot liefern.
Leider ist der Kampf gegen den Kastanienkrebs äußerst beschwerlich und die extremen Wetterverhältnisse der letzten Jahre beeinträchtigen die Erntemenge zusehends. In der winterlich geprägten Landschaft sind es vor allem die Borkenmusterungen der Bäume, die mich in ihren Bann ziehen, deren sichere Zuordnung ich aber immer noch nicht so beherrsche, wie ich es gerne möchte.
Schließlich erreichen wir die liebevoll restaurierte Pinthofmühle, die von einem quirligen Bächlein gespeist wird. Kurz dahinter führt ein 10minütiger Abstecher hinauf zur Burgruine Hochgalsaun, deren spärliche Mauerreste an längst vergangene Zeiten erinnern und deren leidvolle Geschichte auf einer Bronzetafel nachzulesen ist.
Nach ausgiebiger Rast mit herrlicher Aussicht und einer vorzüglichen Jause mit „Vinschgerlen“, Käse und Speck steigen wir zum gepflegten Ansitz Kasten, einer ehemaligen Getreidekammer der erwähnten Burg ab. Ein kurzer Abstecher nach Galsaun mit seiner interessanten Dorfstruktur ist allemal empfehlenswert, bevor wir den Rückweg zur Pinthofmühle antreten und von dort auf dem unteren Waalweg weiterwandern. Der Wegweiser „Tschars“ bringt uns auf einer neuen Variante zum Ausgangsziel zurück.
Die große Anzahl von Wacholdersträuchern, die das Bild der Trockenhänge prägen, animieren mich zur näheren Betrachtung dieser wertvollen Heilpflanze. Wacholder erfreut sich seit alters her vor allem in der Volksmedizin großer Beliebtheit, wie folgende Redewendung unterstreicht „Vor dem Holunder musst du den Hut ziehn, vor dem Wacholder aber niederknien“. Wacholder wurde bei unseren Vorfahren als Schutz- und Räucherpflanze genutzt, um tödliche Krankheiten wie Pest oder Cholera abzuwenden.
Kranebitt wirkt desinfizierend und vor allem wassertreibend. Die berühmte Ausleitungskur des Pfarrer Kneipp wird heute wegen der großen Anzahl der Beeren zwar nicht mehr empfohlen, im moderaten Maße (3 Beeren täglich, 2 Wochen) kann sie jedoch die Harnmenge erhöhen, Stoffwechsel, Appetit, Verdauung und Durchblutung anregen und die Muskulatur entspannen.
Wacholderbeeren und Wurmfarnblätter gemeinsam in Johanniskrautöl angesetzt, ergeben ein probates Mittel zum Einreiben gegen rheumatische Schmerzen.
Zerkleinerte Nadeln und gequetschte Beeren zu gleichen Teilen bilden die Basis für eine durchblutungsfördernde Salbe bei Arthrose. Hierfür wird der Ansatz für 3 Wochen in Olivenöl ausgezogen und dann im Verhältnis 5:1 mit Bienenwachs streichfähig gemacht.
Ein spezieller Tipp von mir: Das Kauen einer Wacholderbeere erfrischt den Atem und kann bei Bedarf auch einmal die Zahnbürste ersetzen.
Auch im botanischen Sinn verdient Wacholder aus der Familie der Zypressengewächse nähere Betrachtung. Als Vertreter der zweihäusigen Pflanzen unterscheidet man zwischen männlichen und weiblichen Pflanzen. Letztere tragen grüne und tiefblaue Beeren zur gleichen Zeit. Bei diesen Beeren handelt es sich eigentlich um Zapfen, die für ihre vollständige Reifung 3 Jahre benötigen.
Wacholderbeeren sind aus der deftigen Winterküche nicht wegzudenken. Sauerkraut oder Wildfleisch profitieren vom würzigen Harzgeschmack. Die Bauern verwenden die Pflanze nach wie vor zum Speckselchen.