Räuchern, mehr als ein Modetrend

Die Zeit um Weihnachten und Neujahr lebt von Spiritualität und Riten, die bis in die graue Vorzeit zurückreichen. Mit dem Julfest feierten unsere Ahnen die Geburt der wieder erstarkenden Sonne. Beginnend am 21.Dezember, dem Tag der Wintersonnwende, umfasste dieses 12 Nächte, in denen aromatische Kräuter wie Salbei, Wacholder, Beifuss, Engel- oder Meisterwurz zum Einsatz kamen. Die sogenannten Rau- oder Rauchnächte mit ihren Räucherungen verstanden sich als Schutz gegen böse Geister, gegen Krankheit oder  zerstörerische Unwetter.  Auch der Sonne zugeordnete Pflanzen wie etwa Alant und Johanniskraut spielten eine wichtige Rolle. Diese wirken nicht nur reinigend, sondern vor allem wärmend und stimmungsaufhellend, was im grimmigen Winter besonders wichtig ist. In immergrünen Nadelhölzern und deren Harzen hingegen vermuteten unsere Vorfahren den durch Kälte und Dunkelheit gefangengehaltenen Vegetationsgott, den sie durch Hitze und Feuer zu befreien versuchten.

Räucherbegeisterte unserer Zeit sehen es nicht viel anders. Sie glauben daran, dass sich durch den Prozess des Räucherns der Geist der Pflanze von der Pflanzenmaterie löst. Dadurch kann sich dieser voll entfalten und der persönlichen Absicht gemäß, entsprechend wirken.  Auf geistiger und emotionaler Ebene sollen auf diese Weise alte Denkmuster aufgebrochen und neue Einsichten gewonnen werden. Besonders sinnvoll scheint das Räuchern in Zeiten „dicker Luft“ zu sein. Zwistigkeiten oder alte Schuld können sich dadurch buchstäblich in Luft auflösen. Den segnenden, heilenden, schützenden und reinigenden Einfluss des Räucherns haben sich auch die verschiedenen Weltreligionen zunutze gemacht. Dabei spielt der Weihrauch eine zentrale Rolle. Dieses Harz stammt vom Boswelliastrauch, der in Ostafrika und speziell in Indien in verschiedenen Arten anzutreffen ist. Sein Duft soll mithelfen, sich gefühlsmäßig aus dem Alltäglichen zu entfernen und in eine meditative Dimension einzudringen. Mittlerweile lassen Weihrauchpräparate auch andersweitig aufhorchen. In der aryuvedischen Medizin gelten sie als zuverlässiges Mittel gegen rheumatische und asthmatische Erkrankungen. Wissenschaftliche Studien attestieren Weihrauchpräparaten eine hervorragende Wirkung bei entzündlichen Prozessen, wovon besonders Patienten mit Morbus Crohn bzw. Colitis Ulcerosa  profitieren und der Cortisonverbrauch gesenkt werden kann.

Unser einheimischer Wacholder vermag mit diesem wertvollen Geschenk der Drei Weisen aus dem Morgenland Schritt zu halten. Bereits im alten Ägypten wurde er zur Konservierung von Mumien genutzt. Im Mittelalter erhoffte man sich durch dessen Einsatz vor Dämonen und Pestilenz zu schützen. Entsprechende Ehrerbietung ist in der Formel „Vor dem Holunder sollst du den Hut ziehn, vor dem Wacholder niederknien“ verdeutlicht. Der balsamisch würzige Duft von Wacholder und Rosmarin könnte zu Grippezeiten hiflreich sein. Wer übrigens ab und zu eine Wacholderbeere in den Mund nimmt und kaut, stärkt nicht nur sein Zahnfleisch, sondern beugt auch unangenehmen Mundgeruch vor. Die stark keimtötende und desinfizierende Wirkung des „Machandelstrauches“ wird von jeher auch beim Speck selchen genutzt.

Bleibt zu Ende meiner Ausführungen nur noch die Frage, wie eine Räucherung erfolgen soll. Mittlerweile werden im Handel entsprechende Utensilien für jeden Geschmack (und für jede Brieftasche) angeboten. Als Verfechterin einer einfachen und natürlichen Lebensweise liebe ich es, meine aus dem Gartenrückschnitt (Beifuß, Kamille, Ringelblume, Lavendel, Minze, Königskerze u.a.mehr) gebundenen und getrockenen Kräuterkegel im Herd zu verbrennen oder etwas Räucherwerk in einem gusseisernen Pfännchen auf einem Häufchen Glut zu verbrennen.

Die im Sommer mit Faden gebundenen Kräuterkegel sind im Winter ein nützliches Utensil beim Anfeuern.

Mein absoluter Favorit ist allerdings ein größeres Tongefäß in Form einer Duftlampe, das anstelle einer Wasserschale, einen mit kleinen Löchern versehenen Aufsatz trägt. Mit Hilfe eines Teelichtes  kann darin das trockene Pflanzengut ohne den störenden Geruch der Glühkohle harmonisch verräuchert werden.

Die aus Terracotta gefertigte Duftlampe verströmt mit Hilfe eines Teelichtes harmonischen Kräuterduft.

Und hier noch die wichtigsten Eigenschaften typischer Räucherkräuter:

Alantwurzel wirkt reinigend und stimmungsaufhellend

Baldrianwurzel schenkt gute Träume, muss allerdings ganz sparsam dosiert werden

Beifuß ist eine wichtige schutz- und Reinigungspflanze, die schlechte Energien vertreibt

Engelwurz sollte in jeder Räucherung vertreten sein. Sie duftet angenehm und harmonisiert. Vor allem für Räucherungen von alten Häusern zu empfehlen

Nadelgehölze werden in Form von Harz und kleiner Zweige zur Desinfektion und zur Konzentration verwendet

Johanniskraut behebt dunkle Gedanken und sorgt für mehr Lebensfreude

Königskerze zur Stimmungsaufhellung und zur Reinigung von störenden Faktoren

Lavendel wirkt stark reinigend und beruhigend, klärt festgefahrene Gedanken

Mädesüß stärkt das Selbstbewußtsein und verhilft zu ruhigem Schlaf

Minzen schenken Gelassenheit und Mut, sie erzeugen Aufbruchsstimmung

Rosmarin kann als herzöffnende Liebesräucherung eingesetzt werden, er wirkt weiters desinfizierend und reinigend

Salbei wirkt keimtötend und klärend, er fördert die Konzentration

Thymian wirkt erfrischend und fördert den Mut

Wacholder schützt vor bösen Mächten, wirkt klärend und keimtötend

Ysop stärkt die innere Einstellung und schützt vor Ansteckung

Räuchermischung für die Raunächte ( zu gleichen Teilen): Salbei, Beifuß, Engelwurz, Wacholder und Fichtenharz

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