In Zeiten wie diesen: Von guten Geistern nicht verlassen!

 

Wahrlich, er ist ein kleines Wunder!

Denn mit seinen weißen Blüten und den schwarzglänzenden Beeren erfreut er Mensch und Tier.

In Tagen wie diesen kann man ihn schon von weitem riechen, noch bevor man ihn überhaupt zu Gesicht bekommt.

 

Überhaupt scheint der Holunder die Präsenz von Menschen zu brauchen und überall dort, wo diese einst siedelten, ist er als Relikt anzutreffen.

 

Für die bäuerliche Bevölkerung von damals galt ein Holunderstrauch in Hausnähe als ein jederzeit zur Verfügung stehender Medizinschrank.

Deshalb begleitete er sie bis zu ihren Almhütten hinauf, wo sie im Sommer ihre Viehwirtschaft betrieben.

 

Vor dem Holler den Hut ziehen und vor dem Wacholder niederknien

Keine andere Aussage könnte die ehrfürchtige Wechselbeziehung zwischen Mensch und Pflanze besser darlegen.

 

Laut germanischer Mythologie soll Holda oder Hulda, die Schutzgöttin der Familie und der Sippe in den Zweigen des Holunders wohnen.

Ihr wurde in Grimms Märchen von der Frau Holle ein Denkmal gesetzt und daraus ist auch ihre Vorgehensweise ersichtlich: die Guten werden belohnt, die Bösen bestraft!

 

In der Lyrik, im alten Liedgut und vor allem in unserer früheren Brauchtumskultur ist die Hollerstaude omnipräsent.

 

So wurden die Riegel der Stalltüren aus dem Holz des Holunders geschnitzt, um dadurch das Vieh vor Unheil und Krankheit zu bewahren.

Dieselbe Wirkung versuchte man dadurch zu erreichen, dass man das Badewasser des Stammhalters unter einem Holunder ausschüttete oder das Neugeborene unter den Zweigen durchtrug.

Ein Holunderstab war ebenso im Einsatz, als es darum ging, für die Bahre eines Verstorbenen Maß zu nehmen.

Zur Beerdigung führte man ein Kreuz, namens „Lebelang“ mit sich, das anschließend auf dem Grabhügel plaziert wurde.

Wenn es in der Folge austrieb, konnte man davon ausgehen, dass die Seele des Verstorbenen den Weg zur Erlösung gefunden hatte.

 

Was unseren Vorfahren als gutes Omen und vor allem als zuverlässiges Heilmittel galt, kann auch uns bei manchem Leiden Hilfe bringen.

 

Nach wie vor vertraut man auf den „Fliedertee“, wie die Holunderblüten in der Apotheker-Fachsprache genannt werden.

Besonders in Zeiten von Erkältung und Grippe schätzt man die immunstimulierende, schmerzlindernde, harntreibende und schweißtreibende Wirkung der Blüten.

 

Diese können zudem bei Ohrenschmerzen in Form eines angewärmten Säckchens eingesetzt werden.

 

Die Beeren, voll mit wertvollen Säuren, Farb- und Mineralstoffen, enthalten zudem reichlich Vitamin C und Vitamin B1.

 

Der Saft aus den Beeren wird von naturkundlich orientierten Ärzten auch als entgiftendes, schmerzlinderndes und entzündungshemmendes Antirheumamittel empfohlen.

Ebenso gibt es aus der Diabetes Forschung vielversprechende Ergebnisse. Gerade beim angeborenen Typ 1 Diabetes kann der ungesüßte Beerensaft dazu beitragen, wieder mehr körpereigenes Insulin zu produzieren.

Zudem sind phenolischen Flavonoide bei Arterienverkalkung zu empfehlen, weil sie den LDL-Cholesterinspiegel und den Blutdruck senken.

 

Holunderblätter leisten als Auflage bei Prellungen und bei entzündlichen Schmerzen gute Dienste.

Das konnte ich selbst einmal bei einer Sehnenscheidenentzündung am Grundgelenk der Hand erfahren.

Nachdem ich ein Holunderblatt etwas zerklopft, in der Pfanne leicht angewärmt und dann aufgelegt hatte, war der Schmerz binnen kürzester Zeit weg.

 

Von der inneren Einnahme der Blätter, wie sie früher üblich war, ist aufgrund des giftigen Anteils an Sambibugrin abzuraten.

 

 

Auch in der Küche trumpft der Holunder immer öfters auf.

 

Alte Rezepte wie Hollerküchlein oder Hollermus bekommen zunehmend Konkurrenz aus der modernen Kräuterküche.

Der traditionelle Holunderblütensirup hat sich neuerdings zum Aromatisieren von Prosecco (Hugo) als Kultgetränk entwickelt.

 

Wer Lust hat, mit der Wildkräuterküche zu experimentieren, wird sich über meinem Nachspeisen-Tipp freuen.

 

Holundermousse

Zutaten:

7 Blätter Gelatine, ½ l Naturjoghurt, 100ml Holunderblütensirup, 80g Holunderblütenzucker, (Blüten ohne Stängel mit Zucker mixen), 1/4 l Sahne, Saft und Abrieb einer Zitrone

So wird es gemacht:

Die Gelatineblätter 5 Minuten in kaltem Wasser einweichen. Naturjoghurt, Holundersaft und Holunderzucker mischen. Saft und Schale der Zitrone hinzufügen und unterrühren.

Die Gelatine ausdrücken, bei geringer Hitze erwärmen und verflüssigen.

Zuerst die Joghurtmischung löffelweise in die Gelatine geben (Temperaturausgleich), dann alles gründlich unterrühren.

Die Sahne steif schlagen und vorsichtig darunterheben.

Das Mousse für mehrere Stunden kalt stellen.

 

Bleibt nur mehr, dieses Wunder vom Holunder mit allen Sinnen zu genießen!

 

 

 

 

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