In Zeiten wie diesen: So ein Ei
Es ist angebracht, Dinge zuerst immer zu hinterfragen, bevor man sie mit einem Vorurteil abtut.
„So ein Ei!“
Unter dieses Motto will ich am heutigen Karsamstag meinen Beitrag stellen und zugleich anmerken, dass es anders gemeint ist, als es auf den ersten Blick scheint.
Mein Blick heute morgen galt wie üblich der Botschaft meiner Tochter auf dem Display meines Handys. Schließlich lebt sie ja 16.383 km von mir entfernt und ich bin dankbar für die digitalen Möglichkeiten, die es mir erlauben, die Verbindung zu ihr nach Australien aufrecht zu erhalten.
Ich staune über das kunstvoll gestaltete Ei, das sie mit einem kleinen Gerät geritzt bzw. durchlöchert und dann anschließend für mehrere Stunden in Blaukrautsud gefärbt hat.
Ein Prachtstück möchte ich da nur sagen und fühle mich wohl, dass die Werte, die ich als Mutter in meiner Familie gepflegt habe, in Sydney weiterpraktiziert werden.
Gemeinsames Feiern, Singen und jahreszeitliches Schmücken der Wohnung gehörten dazu.
Dabei war es mir von jeher wichtig, so gut wie möglich mit ausgedienten Materialien zu werkeln, also im heutigen, modernen Sinn „Upcycling“ zu betreiben.
Auch war und bin ich der Meinung, dass die Natur so viel Schönes und Brauchbares für uns bereithält, dass wir daraus wunderbare objekte herstellen und obendrein gezielt Ressourcenpflege betreiben können. Nicht zuletzt wird sich auch der Geldbeutel darüber freuen. "Spare in der Zeit, so hast du in der Not"! Wie viele müssen das in Zeiten wie diesen wieder einmal schmerzlich erfahren?
Das Färben der Ostereier gehört zu Ostern einfach dazu.
Besonders kleine Kinder lieben es und freuen sich auf den Überraschungseffekt.
Der ist allemal gegeben, wenn wir unsere Eier mit Zwiebelschalen, Rote Beete, Blaukraut, Brennnesseln, Birkenblättern, Löwenzahnblüten, Schwarzbeeren…einfärben.
Wer seine Eier vorher noch mit filigranen Blättchen versieht oder sie in Obst- bzw. Gemüsenetze einwickelt, hat doppelten Grund zu Freude, denn die vorher nicht einsehbaren Muster lassen kleine und große Künstler/Innen-Herzen höher schlagen.
Zur Pflege österlichen Brauchtums gäbe es vieles zu erzählen. Doch heute möchte ich in diesem Beitrag den Eiern die Hauptrolle zuerkennen.
Eier färben und bemalen, Eier verstecken und - suchen, Eier „pecken“, Eier werfen, gesegnete Ostergaben, zu denen neben Schinken, Brot und Kren auch Eier gehören…
Seit Jahrtausenden schon bringt man das Ei mit Fruchtbarkeit und dem sich darin entwickelnden neuen Leben in Zusammenhang. Es trägt die Vorstellung von Wiedergeburt und Verjüngung in sich und auch in seiner Gestalt ist dieses "ohne Anfang und Ende" gut ablesbar.
Im alten Ägypten wurde das Ei als Ursprung der Welt verehrt.
Bemalte Eier verschenkten die Chinesen in Hinblick auf den Frühlingsanfang bereits vor 5000 Jahren.
Im antiken Griechenland und Rom feierte man die Tag-und Nachtgleiche mit bunten Eiern, um damit den Neubeginn der Natur zu unterstreichen.
In Kontext der Auferstehung stehen auch die Eier als Grabbeigaben, die man ab dem 4.Jh, den Verstorbenen mit auf die Reise gab.
In unseren Breiten geht die Tradition des Eierfärbens bis ins Mittelalter zurück. Dabei beschränkte man sich bis ins 20. Jahrhundert hinein auf die Farbe Rot – die Farbe des Lebens aber zugleich auch die Farbe des Blutes, das Jesus für uns am Kreuz vergossen hat.
Die äußere kalte Schale und das beginnende Leben im Innern hat das Christentum dazu veranlasst, das Ei als Sinnbild ewigen Lebens nach außen zu transportieren. So steht es auch für das Grab, aus dem Jesus am Ostermorgen vom Tode auferstanden ist.
Mit ein Grund, warum der Verzehr von Eiern und Eierspeisen in der vorösterlichen Fastenzeit strengstens verboten war!
Jene überschüssigen Eier, die sich dabei ansammelten, wurden zu Ostern als sogenannte Zinseier dem Grundherren übergeben, um damit einen Teil des Zehents (Steuerabgabe) auf die Pacht abzutragen.
In vielen Dörfern Südtirols war es noch bis in unsere jüngere Vergangenheit üblich, dass Pfarrer und Messner bei den Bauern in der Osterzeit vorsprachen, um Eierspenden für ihren Haushalt in Empfang zu nehmen.
Liebe Leserin, lieber Leser: Lust auf ein Ei bekommen?
Die Worte von Wilhelm Busch können dieser noch mehr Nachdruck verleihen:
Das weiss ein jeder, wer’s auch sei,
gesund und stärkend ist das Ei. –
Nicht nur in allerlei Gebäck,
wo es bescheiden im Versteck.
Nicht nur in Sossen ist’s beliebt,
weil es denselben Rundung gibt.
Nicht eben dieserhalben nur –
nein auch in leiblicher Statur.
Gerechtermassen abgesotten,
Zu Pellkartoffeln, Butterbroten.
Erregt dasselbe fast bei allen
ein ungeteiltes Wohlgefallen!